Trainer und Gründer des all in one konzeptes – Andi Pfingstl
Der Weg zum Jeet Kune Do und dem all in one konzept verlief nicht geradlinig. Die Kampfkunst- und Kampfsportwelt ist geprägt von Systemen, Traditionen und Dogmen, es dauerte etwas sich von den Begrenzungen frei zu machen:
Meine ersten Erfahrungen mit Kampfsport fanden mit 13 Jahren in einer Anfängergruppe eines Ju-Jutsu Vereins statt. Eher unmotiviert und ohne große sportliche Vorgeschichte kämpfte ich mich durch manches Tief. Erst mit dem Beginn des Wettkampftrainings in Aschau wurde mein Ehrgeiz geweckt. Sechs Trainingseinheiten pro Woche, vom Techniktraining über das Kraft- bis hin zum Ausdauertraining, wurden für mehrere Jahre zum Standard.
In den folgenden Jahren wurde das Wettkampftraining durch andere Sportarten wie Mountainbiking, Klettern, Tennis oder Canyoning ergänzt und teilweise abgelöst, die Kampfsportthematik war aber stets präsent und dominant.
Trainer und Übungsleiter
Durch die Übungsleiterausbildung im Ju-Jutsu wechselte ich die Perspektive und wurde Trainer in Aschau. Die Ju-Jutsu Laufbahn nahm ihre Züge an und führte mich bis zum dritten Dan-Grad (Schwarzer Gürtel) und zu allen drei möglichen Fachübungsleiter- bzw. Trainerlizenzen (Trainer C, B, A).
Geprägt durch die Offenheit und den Ehrgeiz meines verstorbenen Cousins, Trainers, Vorbilds und Mentors Markus Sajnovic hielt ich meine Augen stets offen für Einflüsse aus anderen Kampfkünsten.
Während meiner Wettkampf- und Schülerzeit trainierte ich ausschließlich für mein persönliches Fortkommen, jetzt ging es vor allem um die Verpflichtung, die ich meinen Schülern gegenüber verspürte. Aus diesem Verantwortungsbewusstsein heraus war ich stets auf der Suche nach den effizientesten Selbstverteidigungstechniken und –taktiken.
Das Ju-Jutsu stellte sich als eine gute, breit angelegte Basis dar, um weitere Kampfkünste zu erkunden. Geprägt durch die gemachten Erfahrungen in den philippinischen Kampfkünsten, vor allem durch Jeff Espinous, gelangte ich über Umwege zu Bob Breen und dem Jeet Kune Do (JKD). Wolfgang Leitner, einer meiner Vorgänger als Trainer und Abteilungsleiter in Aschau und inzwischen langjähriger Freund, fing in München mit dem Progressive Fighting Systems (PFS) an, einer Interpretation des JKDs, und brachte die Einflüsse mit nach Aschau in das Training.
Der Weg zum Jeet Kune Do
Angeregt durch die gezeigten, überzeugenden Techniken, wollte ich mehr über das JKD und das PFS erfahren. Darum begann ich mit dem PFS Training unter Michael Grüner dem damaligen Seniorinstructor für Europa.
Das JKD bot die optimale Basis, um eine effiziente, auf das Individuum gerichtete Selbstverteidigung zu praktizieren und sie zu vermitteln. Weg von einschränkenden und begrenzenden systemkonformen Techniken, war es durch das JKD endlich möglich sich auf die wesentliche Zielsetzung zu konzentrieren: Wie entscheide ich einen Kampf möglichst schnell und leicht zu meinen Gunsten?
Die Vertiefung in Los Angeles
Das schnelle Vorwärtskommen im PFS und die Lokalisierung der JKD-Wurzeln in Amerika, führten zu dem Wunsch das Gelernte in Amerika zu vertiefen. Nach der erfolgreichen Beendigung meines Wirtschaftspädagogikstudiums im Frühjahr 2007 war bis zum Beginn meiner Lehrerausbildung im Herbst ausreichend Zeit vorhanden. Die Gelegenheit war günstig und das Ergebnis war schließlich der lang ersehnte Trip nach Los Angeles.
Zwei Monate sollte die Trainingsreise dauern. Ich trainierte unter der Woche täglich in der Inosanto Academy unter Guro Dan Inosanto und seinen Trainern. Darunter befanden sich Größen wie Sifu Larry Hartsell, Sifu Yori Nakamura und „Crafty Dog“ Marc Denny.
Full Instructor im PFS
Am Wochenende besuchte ich, wenn möglich, Sifu Paul Vunak, um mein PFS zu perfektionieren. Am Ende der Trainingszeit wurde mir durch die Verleihung des Full Instructors von Paul Vunak der Abschied versüßt.
Zuhause angekommen nutzte ich die übrige Zeit und reiste zuerst nach Hannover ins Kenpokan, um von Ralf Beckmann und Lars Helms zu lernen und anschließend nach Berlin in die J.A.B. Akademie zu Frank Burczcynski.
Instructor im Jeet Kune Do
In der Folge wurde ich 2007 Instructor im Lee Jun Fan Gung Fu und den Jeet Kune Do Concepts unter Sifu Ralf Beckmann und 2011 Instructor im Jeet Kune Do unter Sifu Frank Burczynski.
Mit diesen Trainern bin ich seitdem eng verbunden.
Nach wie vor nehme ich jede Gelegenheit war meine Kenntnisse zu vertiefen und zu erweitern. Dafür besuche ich sämtliche Seminare und Lehrgänge die interessant für die Selbstverteidigungsthematik erscheinen. Getreu dem Leitsatz des JKD „absorb what is useful“ werden nützliche Techniken, Taktiken und Trainingsformen in das eigene Trainings- und Ausbildungskonzept übernommen.
Denn Stillstand bedeutet Rückschritt!
Andi Pfingstl
JKD family tree von Andreas Pfingstl
Andreas Pfingstl ist JKD-Instructor der 3. Generation. Er ist Instructor unter Paul Vunak und Ralf Beckmann in der Inosanto Linie und Instructor unter Frank Burczynski in der Larry Hartsell Linie.
Guro Dan Inosanto und Sifu Larry Hartsell gehören zu den angesehensten Schülern von Bruce Lee, beide haben Ihre Interpretation des Jeet Kune Do weltweit verbreitet.
Paul Vunak hat mit seinem Progressive Fighting System die Welt der hybriden Selbstverteidigungssysteme revolutioniert.
Frank Burczynski und Ralf Beckmann gehören zu den Top Trainern in Deutschland, nicht nur für das Jeet Kune Do.
Impulse und zukünftige Entwicklung
Der Weg ist das Ziel und so endet die Kampfkunstreise nie. Ich bin immer wieder verblüfft, was es trotz meiner jahrzehntelangen Laufbahn in der Kampfkunstwelt noch immer zu entdecken gibt.
Einen Meilenstein meiner jüngeren Selbstverteidigungsimpulse stellte das SPEAR System dar, welches ich von Tobias Brodala lernen durfte. Das SPEAR System lehrt einen unglaublich pragmatischen Umgang mit Gewalt und baut die Verteidigung auf die erste Reaktion auf einen überraschenden Angriff auf. Die Thematisierung dieses Überraschungsmoments kenne ich aus keiner anderen Kampfkunst, Kampfsportart und keinem Selbstverteidigungssystem.
Eine weitere bahnbrechende Erfahrung war die friedvolle Entspanntheit, mit der der Angreifer im Systema lahmgelegt wird. Die Fokussierung auf die eigene Entspannung und das Arbeiten mit der Spannung des Gegners eröffnet völlig neue Optionen. Ich kenne keine Kampfkunst, die derartig weich und trotzdem effizient und durchschlagend in ihrer Wirkung ist.
Beide Impulse wurden von mir in das all in one konzept integriert und stellen eine optimale Ergänzung innerhalb des JKD Konzeptes dar.